Besichtigung Heizzentrale des Nahwärmenetzes in Schotten (2017)

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Die Besucher vor dem Bunker der Heizzentrale

Die neue Heizzentrale neben dem Vulkaneum weckte Interesse. 25 Besucher kamen auf Einladung des Vereins Erneuerbare Energien für Schotten (EES), darunter eine Gruppe aus Laubach. Schottens Bauamtsleiterin Elke Högy und der Leiter des städtischen Bauhofes Markus Wöllner erläuterten das Konzept und die ersten Erfahrungen mit der seit Oktober letzten Jahres in Betrieb befindlichen Anlage.

Unter ökologischen Gesichtspunkten sei die Holzhackschnitzelanlage einzigartig, so die Bauamtsleiterin. Ein Schüttraummeter Holz spare 90 Liter Heizöl. Bei jährlich ca. 2.500 Schüttraummetern seien das mehr als 2.000 Liter. Dadurch würden der Ausstoß von jährlich 500 Tonnen CO2 vermieden. Aber nur 10 Prozent der Investitionskosten seien öffentlich gefördert worden. Andere Maßnahmen wie die Dorferneuerung würden dagegen mit mehr als 70 Prozent bezuschusst. Das vom Bauhof entwickelte Heckenschnittkonzept suche ebenfalls seinesgleichen. Dafür gäbe es überhaupt keine Zuschüsse weder für den Maschinenpark noch für die zusätzlichen Personalkosten. Deshalb rechneten sich Anlage und Heckenpflege bisher nicht. Obwohl das Interesse aus anderen Gemeinden an dem neuen Konzept groß sei, gebe es keine Kommune, die in ein solches umweltfreundliches Projekt investieren wolle weil es zu teuer sei.

Über das Nahwärmenetz angeschlossen sind das Vulkaneum, die Sozialen Dienste, der Bauhof, die Festhalle, die Stadtverwaltung und der Jugendclub. Die Abnehmer werden nach ihren verbrauchten Wärmemengen abrechnet. Für weitere Abnehmer von Wärme reiche die Kapazität. Das würde die Betriebskosten senken. Im Sommer wenn kaum Heizungsbedarf besteht wird das Wasser im Schwimmbad erwärmt. Bis zu sechs Grad könnten es zusätzlich werden.

In der Heizzentrale wird der zu Hackschnitzeln gehäckselte Heckenschnitt von den Wegen der Kommune ungetrocknet verbrannt. Die Nässe kann 40 bis 50 Prozent betragen. Verfeuert wird also ein Rohstoff aus der Region und keine woanders fabrikmäßig produzierten Pellets. Dafür wurde ein Heckenpflegekataster für die Gesamtkommune angelegt. Danach reiche der Vorrat an Heckenschnitt für 40 Jahre. In diesem Jahr genüge der Ertrag aus Verkehrssicherungsmaßnahmen. Geerntet wird bis Ende Februar, um danach brütende Vögel und Insekten nicht zu stören. Dies passiere in Absprache mit dem Naturschutz. Dabei arbeite man in Abschnitten von ca. 60 Metern nach denen jeweils die gleiche Länge ungeschnitten bleibt. So könne die reduzierte Hecke besser nachwachsen.

Die Hecken wurden ursprünglich für den Windschutz angelegt. Die daraus erwachsene Heckenpflege sei Landschaftspflege. Das besorgten bisher die Jagdgenossenschaften. Die würden durch die neue städtische Leistung entlastet. Nach Markus Wöllner bedankten sich inzwischen Bürger für die wiedergewonnene “freie Sicht“. Die neuem Maschinen werden aber auch für andere Zwecke genutzt wie zur Reinigung von Dachrinnen. Die „Häckselei“ für eine Saison dauere zwei Tage und werde durch eine Spezialfirma durchgeführt. Der Bunker der Heizzentrale fasse 100 Schüttraummeter. Im Winter reiche dieser Brennvorrat für eine Woche und im Sommer für drei Wochen.

Die Anlage wurde von einem österreichischen-schweizerischen Hersteller entwickelt und installiert. In Europa gebe es nur drei Hersteller, die solche Anlagen bauen. Der städtische Bauhof betreibt die Anlage. Seit Oktober 2016 läuft die Anlage praktisch störungsfrei. Allerdings gebe es immer wieder kleinere Probleme. Nach Auskunft des Bauamtsleiters praktizierten sie „learning by doing“. Jeden Tag werde nachjustiert, um eine möglichst optimale Verbrennung zu erreichen. Die Anlage kann ferngesteuert werden. Es gibt eine Belüftung sodass kein Schwitzwasser entstehen kann. Das gehäckselte Material wird durch einen Schubboden in Richtung Ofen bewegt. Die Häcksel werden auf der städtischen Grünschnittsammelstelle am Bockzahl kegelförmig aufgeschichtet, damit sich oben kein Schnee oder Wasser absetzen kann. Es gibt zwei Wasserspeicher mit jeweils 10.000 Litern Fassungsvermögen. Das Wasser wird auf 80 Grad Celsius erhitzt und dann in das Nahwärmenetz eingespeist.

Die Besucher waren beeindruckt. Die Vorsitzende des EES Dr. Jutta Kneißel kritisierte die Politik der Bundes- und Landesregierung, die solche umweltfreundlichen Konzepte nur ungenügend unterstützten. Betrachte man die Realität vor Ort, sei die Förderung erneuerbarer Energien häufig nur ein Lippenbekenntnis.