Sind unsere Wälder gesund? (2015)

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Referent Dr. Uwe Paar

Gute Erfolge beim sauren Regen – aber der weitere Anstieg von CO2 in der Atmosphäre könnte sie gefährden. Ende der 1970er-Jahre galten ausgelichtete Baumkronen als Indiz für das Waldsterben als Folge des sauren Regens. Gut 30 Jahre später gibt es widersprüchliche Befunde wie „Selten ging es dem Wald so gut wie heute“ aber auch Botschaften wie „Das Waldsterben frisst sich nach wie vor durch alle Baumarten und Standorte“. Der Verein Erneuerbare Energien für Schotten (EES) wollte es genauer wissen und bat den Forstdirektor Dr. Uwe Paar von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen über die letzten 30 Jahre Waldschadensforschung in Hessen zu berichten.

Schotten ist für den Forstdirektor vertraut, absolvierte er doch einen Teil seiner Ausbildung an der ehemaligen Forstschule. Zunächst gab er Entwarnung für Waldschäden durch sauren Regen. Der entstehe durch die Abgase schwefelhaltiger fossiler Brennstoffe wie Kohle und Heizöl, die sich als „saurer Regen“ in Form von Schwefelsäure niederschlagen, in den Boden eindringen und dort die Feinwurzeln der Bäume absterben lassen. Die Bäume werden krank und anfällig für natürliche Belastungen wie Bodenfrost und Schädlingsbefall. So habe der Einbau von Filtern den Ausstoß schwefelhaltiger Abgase auf 10 Prozent reduziert. Dies sei ein Erfolg der Umweltpolitik.

Um diese und andere Entwicklungen systematisch und methodisch sauber nachweisen zu können, seien Module entwickelt worden, mit denen der Zustand unserer Wälder regelmäßig überprüft werde. Dazu gehörten Kronenzustandserhebungen, Messungen des Zuwachses (Umfang der Bäume), Blatt- und Nadelproben, Wurzel-, Boden- und Bodensickerwasseruntersuchungen. Beobachtet wird die Entwicklung der Vegetation in den Wäldern. Es gebe Messungen der Meteorologie, der Gaskonzentration und der Luftverschmutzung.

So betrug die jährliche Absterberate aller Baumarten von 1984 bis 2014 im Schnitt 0,2 Prozent. Die starken Schäden aller Baumarten lagen durchschnittlich bei drei Prozent. Das seien vertretbare Werte. Aber es gab Ausreißer. So verdreifachte sich die Absterberate der Bäume nach dem heißen Sommer 2003 in den beiden Folgejahren. Die starken Schäden nahmen ebenfalls zu. Sollten solche heißen Sommer aufgrund des Klimawandels zukünftig häufiger auftreten, könnten diese Werte dauerhaft ansteigen. Hier sei die wichtigste Ursache der CO2-Anstieg. Die CO2-Konzentration habe heute einen Wert erreicht, der um 50 Prozent über den hohen Konzentrationen während der Eiszeitzyklen der vergangenen 400.000 Jahre liege. Tendenz weiter steigend. In der Folge würden die Sommer trockener und die Winter deutlich wärmer und feuchter. Die Vegetationszeiten verlängerten sich. Wetterextreme nähmen zu wie Trockenperioden, Starkregen und Stürme. Das würde unsere Wälder nachhaltig schädigen. Davon betroffen wären vor allem Fichten und Buchen. Widerstandsfähiger wäre die Douglasie.

Ein weiteres Problem sei die extensive Wasserentnahme und damit Absenkung des Grundwassers. So sei der Grundwasserspiegel in der Rhein-Main-Ebene seit den 1970er-Jahren um bis zu 6 Meter abgesackt. Gegenwärtig läge er bei vier Metern. In Hessen sind es durchschnittlich zwei Meter. Besonders bedroht sei das Ried. Die Wurzeln der Bäume könnten bei sinkendem Grundwasser nicht mehr genügend Wasser und Nährstoffe aufnehmen. Eine Folge sei die durchschnittliche Kronenverlichtung bei Eichen über 60 Jahre. Sie sei fast doppelt so groß wie im übrigen Hessen. Als Gegenmaßnahme pumpe man jetzt Rheinwasser in das Ried, was aber sehr aufwändig und teuer sei.

Dr. Uwe Paar im Gespräch mit Dr. Jutta Kneißel

Die zu große Wasserentnahme sei auch für den Vogelsberg ein existentielles Problem, betonte die EES-Vorsitzende Dr. Jutta Kneißel. So steige der Bedarf an Trinkwasser in Frankfurt wegen steigender Einwohner und weil bisherige Wasserentnahmegebiete in Bauland umgewidmet werden sollen. Eine zusätzliche Wasserleitung sei bereits in der Planung. Dagegen wehrten sich jetzt die Vogelsberger Kommunen.