Balkon-Solar gegen steigende Preise

Die steigenden Energiepreise belasten viele Bürger. Balkon-PV-Anlagen versprechen Entlastung, während man der Umwelt etwas Gutes tut. Diethardt Stamm aus Münzenberg erklärt den Boom um die Mini-PV-Anlagen und gibt Tipps, um die Solarenergie optimal zu nutzen.

Diethardt Stamm mit seiner Balkon-PV-Anlage

Bereits der bloße Anblick von Diethardt Stamms Haus in Münzenberg genügt, um zu wissen: Dort lebt jemand, der voll und ganz auf erneuerbare Energiequellen setzt. Beide Dachhälften sind mit großen Photovoltaik (PV)-Anlagen gepflast ert. Durch die Fenster des Wintergartens ist eine Balkon-PV-Anlage zu erkennen. In der Einfahrt ist an der Hauswand eine Schnellladestation für ein Elektroauto installiert. Weit und breit ist aber kein Auto mit Elektroantrieb zu erkennen. »Hier soll Ende des nächsten Jahres mein E-Auto stehen – von einer schwedischen Start-Up-Firma«, sagt Sta mm.

Diethardt Stamm ist ein Pionier. Dass der Rentner nicht bei einem etablierten Autobauer eingekauft hat, zeigt seine Begeisterung für neue und grüne Technik. Schon im Studium zum Elektrotechnikingenieur spezialisiert sich Stamm auf erneuerbare Energie – 1992 meldet sich Stamm zum ersten bundesweiten 1000-Dächer-Programm an. Damit gehört seine PV-Dachanlage zu einer der ältesten in Deutschland und »ist die erste im ganzen Wetteraukreis«, sagt er.

Diese geballte Fachkompetenz und Erfahrung nutzt Stamm mittlerweile, um Interessierte in Sachen PV-Anlagen zu beraten und die erneuerbaren Energiequellen an die Menschen zu bringen. Dafür gründete der Ingenieur mit der Mittelhessischen Energiegenossenschaft (MiEG), den Energie Blidungsverein (EVB) und den Sonnenstromverein Hessen (SVH) gleich drei Organisationen, die den Menschen bei der Beschaffung der Anlagen helfen sollen.

»Momentan sind die Balkon-PV-Anlagen wirklich stark nachgefragt«, sagt der Münzenberger. Die erhöhte Aufmerksamkeit auf nachhaltiges Leben und die immer weiter steigenden Energiepreise hätten eine verstärkte Beschäftigung mit erneuerbaren Energiequellen ausgelöst. »Für viele Menschen sind diese kleineren Anlagen der erste Berührungspunkt mit Solarnenergie«, sagt Stamm. »Viele wollen die Solarkraft erstmal ausprobieren, bevor sie eine große Anlage auf ihr Dach installieren«. Während die Sammelbestellungen in den Jahren vor Corona bei maximal 40 Anlagen lagen, hat sich diese Zahl nun mehr als verdoppelt. Stamm: »Mittlerweile bestellen wir mindestens 100 Anlagen, die wir mit einem Lkw abholen und erstmal lokal zwischenlagern.«

OVAG bestätigt Trend

Auch die Ovag bestätigt nach Anfrage dieser Zeitung diesen Trend. »Wir stellen fest, dass beispielsweise Baumärkte oder Möbelhäuser verstärkt mit solchen Produkten werben«, antwortet die Ovag. Laut dem Grundversorger ist die vorwiegende Zielgruppe für diese Balkon-Kraftwerke »Wohnungsmieter, die aufgrund der einfachen Montage Solarstrom beziehen können«. Allerdings weist die Ovag auch darauf hin, dass jede Anlage verpflichtend beim Versorger und beim Marktstammdatenregister angemeldet werden muss. Auch wenn die kleineren Anlagen leicht anzubringen und in Betrieb zunehmen sind – von der Bürokratie sind sie nicht ausgeschlossen.

Wie stark kann eine solche Balkon-PV-Anlage einen Haushalt bei den wachsenden Energiepreisen entlasten? Stamm erklärt: »Eine solche Anlage produziert unter idealen Bedingungen im Schnitt 550 Kilowattstunden pro Jahr.« Nach Angaben des statistischen Bundesamtes liegt der durchschnittliche Stromverbrauch pro Haushalt bei 3000 Kilowattstunden. Damit deckt eine Mini-PV-Anlage rund 15 Prozent des Eigenbedarfs ab. Monetär bedeutet dies laut Stamm, dass Besitzer eine Balkon-PV-Anlage einen niedrigen bis mittleren dreistelligen Betrag sparen. »Durch die gestiegenen Energiekosten wird dieser Sparbetrag nur noch steigen«, sagt der pensionierte Ingenieur und fügt hinzu: »Nach unseren neusten Berechnungen rentiert sich eine solche Anlage bereits nach drei bis vier Jahren.«

Um das maximale Potenzial aus seinem Balkon-Kraftwerk herauszuholen, empfiehlt der Vorsitzende des EVB: »Stromfresser wie Trockner oder Geschirrspüler sollte man dann benutzen, wenn es sehr sonnig ist.« Immerhin sei es nicht der Sinn einer Balkon-PV-Anlage, dass man seinen frisch produzierten Solarstrom gleich wieder verschenke.

Quelle: Kreis Anzeiger vom 6.12.2022 

Autor: Patryk Kubocz

Wassernotstand im Vogelsberg

Demo vor dem Frankfurter Römer Foto: Wack
Demo vor dem Frankfurter Römer Foto: Wack

„Weiter so nicht mehr möglich“

SCHOTTEN/FRANKFURT – (sw). Der Konflikt hat eine lange Geschichte: Die Versorgung des Ballungsraums Rhein-Main mit Trinkwasser geht zu Lasten von Natur und Umwelt in ländlichen Fördergebieten von Vogelsberg, dem hessischen Ried und dem Burgwald.

Am Vorabend des Tags des Wassers hatte die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV) gemeinsam mit den Naturfreunden Hessen, der Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und sieben Kommunen aus dem Vogelsberg nach Frankfurt geladen. Veranstaltungsort war der große Saal des DGB-Hauses, der mit rund 150 Besuchern, darunter etwa 60 aus Schotten, Nidda und dem Vogelsberg, zu etwa zwei Dritteln gefüllt war.

Im Mittelpunkt stand eine Podiumsdiskussion unter der Moderation von Klaus Pradella (HR) zum Thema „Klimawandel – Zukunftsfähigkeit erfordert politischen Mut“. Die SGV unter der Vorsitzenden Cecile Hahn hatte Thesen verfasst, die Schauspieler Edgar M. Böhlke verlas. Darin stellt die Schutzgemeinschaft für Stadt und Land eine gemeinsame Interessenlage fest: einen intakten Naturraum und eine stabile Wasserversorgung zu erhalten, auch bei künftig zu erwartenden extremen Wetterlagen. Wobei der Schutz des Grundwassers Vorrang vor dem Export ins Rhein-Main-Gebiet haben müsse. Eine Absage erteilt die SGV an profitorientierte private Wasserwirtschaftsunternehmen. „Die Wasserversorgung ist wichtiger Teil der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge und liegt in der politischen Verantwortung von Land und Kommunen.“ Die Versorgung Frankfurts aus eigenen Wasserressourcen müsse Vorrang vor dem Bezug von Fernwasser haben. Neubauten sind mit einem doppelten Leitungsnetz für Trinkwasser und Brauchwasser auszustatten, fordert die SGV. Weiterhin sollten ein sparsamer Verbrauch und ein möglichst verlustfreier Wassertransport angestrebt werden. Schließlich setzt sich die SGV für kostendeckende Wassergebühren in Ballungszentren ein.

Frankfurts Umweltdezernentin Rosemarie Heilig betonte, alle Städte würden derzeit wachsen und brauchten mehr Wasser. Sie plädierte für eine „ökologische Wassernutzung“, um das Umland zu schonen. Ebenso stellte sie mehr Förderung aus eigenen Brunnen in Aussicht. Es gäbe bereits eine Magistratsvorlage, mit der Auflage, bei Neubauten eine zweite Wasserleitung einzurichten. Auch Wassersparen sei ein Thema. Schottens Bürgermeisterin Susanne Schaab machte deutlich, dass ein höherer Wasserverbrauch des Ballungsraums mehr Schäden in den Fördergebieten verursache. Außerdem habe ihre Kommune die Verantwortung für das flächendeckende Wasserschutzgebiet, was hohe Kosten verursache. „Wir betreiben Daseinsvorsorge für das Rhein-Main-Gebiet.“ Diese Kosten könnten von den Bürgern nicht mehr getragen werden. Außerdem kritisierte sie das Geschäftsgebaren privater Wasserunternehmen. „Dort sind Kostenkalkulationen Geschäftsgeheimnis.“ Lautertals Rathauschef Heiko Stock, er ist stellvertretender SGV-Vorsitzender, machte auf die großen Probleme seiner Gemeinde aufmerksam, um die Wasserversorgung aufrecht zu erhalten. „Die Wasserspiegel sinken immer weiter. Der Aufwand für die Wassergewinnung wird immer größer. Es besteht die reelle Gefahr, dass die Bevölkerung in bestimmten Zeiten ohne Wasser auskommen muss.“

Die Staatssekretärin im Umweltministerium, Dr. Beatrix Tappeser, bezeichnete die Wasserversorgung als ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, die nicht privatisiert werden sollte. Sie verwies auf den im vergangenen Jahr begonnenen Leitbildprozess, bei dem alle Beteiligten an einem Tisch säßen. „Im Mittelpunkt steht der Ausgleich zwischen Wasserversorgung und Schutz der Natur. Das neue Leitbild soll Wege aufzeigen, um eine gute Wasserversorgung auch bei Extremwetterlagen aufrecht zu erhalten. Dabei müsse Rücksicht auf die Naturräume genommen werden. „Ein ,Weiter so‘, wie bisher, ist angesichts des Klimawandels nicht mehr möglich.“ Umweltdezernentin Heilig räumte ein, dass in Frankfurt der Schutz von Brunnen zuweilen hinter wirtschaftlichen Interessen, zum Beispiel bei Baumaßnahmen, zurückstehe. Die Mainmetropole versorge sich derzeit nur zu etwa 20 Prozent aus eigenen Wasserressourcen. Thema war auch ein finanzieller Ausgleich zwischen Stadt und Land. Hans-Otto Wack, wissenschaftlicher Berater der SGV, verwies auf die Grundwasserabgabe zu Beginn der 1990er Jahre. „Das war ein erfolgreiches Instrument, wurde aber wieder abgeschafft.“ Tappeser teilte mit, im Rahmen des Leitbildprozesses gebe es Überlegungen, als Ausgleich für die ländlichen Regionen eine Wasserentnahmegebühr einzuführen.

Zum Auftakt hatten die Organisatoren ein Kulturprogramm arrangiert. Edgar M. Böhlke rezitierte aus den „Vogelsberger Wassernachrichten“ die Geschichte der Wasserversorgung und des -exports. Die Gedern-Hirzenhainer Mundartgruppe „Kreuz und Quer“ hatte zu ihren musikalischen Beiträgen eigene „Wassertexte“ verfasst. Karin und Wolfgang Eckhardt zeichneten in Vogelsberger Platt den früheren Protest gegen den Wasserraubbau nach.

Quelle: Kreis-Anzeiger vom 23.03.2018

Wasser ist keine Handelsware, sondern Überlebensmittel für Mensch und Natur

7-Wasserthesen
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Ökologische Kläranlage in Nidda

Kläranlage - Nidda